„Arbeit kann uns verkrüppeln und kann uns sogar umbringen, aber das ist nur eine Möglichkeit.
Frithjof Bergmann – Neue Arbeit, neue Kultur
Arbeit vermag uns auch Energien zu schenken, die zu besitzen wir uns nie hätten träumen lassen.“
Ein bisschen mehr arbeiten. Ein bisschen mehr Bildung. Ein bisschen mehr Innovation. „Diese Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu benutzen, ist das Gleiche, als würde man eine Tasse Wasser zu einem Waldbrand bringen,“ so der Philosoph Frithjof Bergmann.
In „Neue Arbeit, Neue Kultur“ skizziert er seine Vision, wie Arbeit in Zukunft funktionieren kann. Bergmann kritisiert am Anfang unser aktuelles Lohnarbeitersystem und beschreibt den negativen Einfluss auf Menschen und Kultur, welche dieses System verknüpft mit dem Big Business mit sich bringt und versucht Alternativmodell zu finden. Er nennt dies „New Work“ und war somit der Begründer der gleichnamigen Bewegung.
Die Automatisierung von Arbeitsprozessen wird dazu führen, dass viel mehr Stellen weltweit als bisher erwartet abgebaut werden. Es ist unwahrscheinlich, dass dies auf die Verlagerung in Niedriglohnländer zurückzuführen ist, sondern vielmehr werden uns neue Technologien und künstliche Intelligenz als Arbeiter ersetzten.
Gerade in der heutigen Zeit, wo künstliche Intelligenz immer mehr Anwendung findet und sie leicht in unsere Prozesse integriert werden kann, können auch Anteile an kreativen und hochqualifizierten Berufen wie Programmierer(in) oder Journalist(in) wegfallen (siehe ChatGPT).
Bergmann skizziert eine einzigartige Lösung. Unsere Arbeitszeit sollte in drei gleiche Teile aufgeteilt werden. Ein Drittel der Zeit befassen wir uns mit bisheriger Lohnarbeit. Ein weiteres Drittel widmen wir unseren Interessen und beschäftigen uns mit etwas, was wir „wirklich, wirklich wollen“. Und schließlich nutzen wir den letzten Teil unserer Zeit, um uns mit Hilfe der „High-Tech-Eigen-Produktion“ hochwertige Dinge für unser Leben selbst herstellen.
„Wir könnten eine Reihe von Geräten, Apparaten, Materialien, Maschinen und Herstellungsarten entwickeln, die es uns ermöglichen würden, 60 bis 80 Prozent von dem, was wir zum Leben brauchen, selbst herzustellen. Dann könnten wir das fabelhafte, unabhängige Leben führen, von dem ich einen Vorgeschmack erhalten habe – ohne im Schweiße unseres Angesichts mit einer Bogensäge Holz schneiden zu müssen.“
Seine Ideen sind realistisch und pragmatisch, wenn man den herkömmlichen Arbeitsmarkt betrachtet. Die gute alte Zeit des Industriezeitalters ist vorüber; Massenproduktion reicht nicht mehr aus, um die Arbeitslosigkeit langfristig zu beseitigen und selbst Dienstleistungen werden durch künstliche Intelligenz mehr und mehr als „Arbeitgeber“ verschwinden. Deshalb benötigt es kreative Ansätze und neue Wege, den Zugang zu Arbeit zu verbessern.
Bergmann’s Ideen sind keine Traumvorstellungen, sondern von vielen Experten unterstützt. Viele Wissenschaftler glauben, dass die Zukunft in der Individualisierung der Massenfertigung liegt. Sein grundlegendes Werk bietet verschiedene Anregungen, wie man die Arbeitsgesellschaft neu organisieren und eine weit verbreitete Arbeitslosigkeit vermeiden kann. Zudem arbeitete er mit Gemeinden, Schulen, Unternehmen und Ländern zusammen und verfeinerte sein Modell stetig durch reale Projekte.
Mein Fazit:
Eigentlich habe ich dieses Buch aus meinem Interesse an der NewWork-Kultur gekauft und wollte die Anfänge dieser Bewegung kennenlernen und verstehen. Ich las jedoch am Ende ein Buch, welches sich kritisch mit unserem aktuellen Berufsleben auseinandersetzt und kreative und pragmatische Lösungen für ein alternatives Modell bereitstellt. Fern ab von Digital Nomad oder der vier Stunden Woche wird versucht für jeden eine alternative zu finden. Als Bergmann 1984 das erste Zentrum für neue Arbeit in Flint Michigan errichtete, war er weit entfernt von den heutigen Möglichkeiten. Aber mit neuen Technologien, wie zum Beispiel 3D Druck oder auch künstliche Intelligenz, wird seine Vision immer realer und kann eine echte Alternative darstellen.
Ich empfehle dieses Buch jedem, der sich kritisch mit dem Thema Arbeit auseinandersetzen möchte. Für mich war es ein kleiner Perspektivenwechsel und hat mich oftmals ins Grübeln gebracht.
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